Agilität: Forme das Werkzeug, damit es dich formt
–Am 6. November 2019Anpassungsfähig sein. Warum? Weil es überlebenswichtig ist. Früher für Menschen, heute für Unternehmen und Organisationen jeder Art. Man spricht auch von Agilität. Sie ist die höchste Form von Anpassungsfähigkeit.
Wir leben in einer VUCA-Welt: Die heutige Zeit ist geprägt von Flüchtigkeit („Volatility“), Ungewissheit („Uncertainty“), Komplexität („Complexity”) und Mehrdeutigkeit („Ambiguity”). Besonders die Digitalisierung stellt ganze Branchen vor immer neue Herausforderungen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Unternehmen daher schnell an Marktveränderungen anpassen. Doch wie funktioniert das? Durch Agilität: kreatives, flexibles, dynamisches und entscheidungsfreudiges Arbeiten – so die Definition.
Auf die inneren Werte kommt es an
Aber heißt Agilität wirklich nur, schnell und flexibel zu sein und auf das zu reagieren, was gerade kommt? Nein. Es geht vielmehr um die Denkweise und die Einstellung, also um das Mindset. Nach dem „Agile Manifesto“ lässt sich agiles Arbeiten durch Werte, Prinzipien und Methoden definieren.
Die Basis bzw. das Fundament bilden dabei die agilen Methoden: Beispielsweise können bei Projektmanagement und Software-Entwicklung das Wasserfallmodell, Scrum oder Kanban helfen. Durch Design Thinking kann systematisch an komplexe Probleme herangegangen werden. Geht es um die kontinuierliche Prozessoptimierung und effiziente Gestaltung der Wertschöpfungskette, wird von der Methode Lean Management gesprochen.
Wenn es keine hierarchische Strukturen und Funktionen geben, sondern die Organisationsführung in selbstorganisierten Kreisen stattfinden soll, wird die starre Methode der Holokratie angewendet. Bei der kompletten Selbstorganisation ist von hierarchiefreier Soziokratie die Rede.
Zur Veranschaulichung werden vier der agilen Methoden in einer Infografik in Form eines Diagramms kategorisiert:
In der Grafik sind die Methoden auf der x-Achse hinsichtlich ihrer Technik von klar bis iterativ und auf der y-Achse hinsichtlich ihrer Anforderungen von klar bis unklar eingeteilt. Die Wasserfallmethode fällt unter die Rubrik „einfach“. Sie weist sowohl eine klare Technik als auch klare Anforderungen auf, da sie ein lineares Vorgehensmodell ist.
Bei Kanban gibt es keine zeitlichen Einschränkungen, wodurch Leistungen ggf. langsamer vorankommen und weshalb die Methode als „kompliziert“ bezeichnet wird. Trotzdem sind Technik und Anforderungen hier klar.
Der Scrum-Prozess setzt nicht auf strenge Kontrollen und legt weder Fristen oder Zeitlimits fest. Die Arbeitsbasis dieser Methode beruht auf viel Vertrauen innerhalb des Teams. Folglich sind die Anforderungen unklar. Aufgrund des kontinuierlichen Feedbacks aus dem Team, ist die Scrum-Technik sowohl klar als auch iterativ. Man spricht auch von einer komplexen Methode.
Design Thinking ist ein leicht verständlicher Prozess, der sich stetig wiederholen lässt und deshalb als iterativ bezeichnet wird. Allerdings bietet er durch unklare Anforderungen wenig Ergebnissicherheit, weshalb er unter die Kategorie „chaotisch“ fällt.
Nach diesen Prinzipien richten sich vier Werte, die im Arbeitsalltag praktiziert werden:
- Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen.
- Eine funktionierende Lösung steht über einer umfassenden Dokumentation.
- Die Zusammenarbeit mit dem Kunden steht über Vertragsverhandlungen.
- Eine Reaktion auf Veränderung steht über dem Befolgen eines Plans.
Agiles Arbeiten in 3, 2, 1 … Moment!
Ok, soweit die Theorie. Aber wie kann agiles Arbeiten in der Praxis angewendet werden? Voraussetzung dafür ist vor allem eine starke Vertrauenskultur im Unternehmen, die die Basis für eine agile Führungsebene bildet: Das Management überträgt Entscheidungskompetenzen an Mitarbeiter und fördert somit ihre Selbstorganisation. Ein Anreizsystem, das alle motiviert, schnell und aktiv die besten Lösungen zu finden.
Manager und Ökonom Peter Drucker sagte seinerzeit allerdings schon: „Culture eats strategy for breakfast.“, womit er zum Ausdruck brachte, dass die Strategie nichts bringt, wenn sie nicht zur Kultur der Firma passt. Für Agilität ist also ein Kulturwandel im Unternehmen nötig. Das geht allerdings nicht von heute auf morgen: Agile Skalierung braucht Transformation, aber in kleinen Schritten, denn sie muss vollständig auf die Wertschöpfungskette ausgebreitet werden. Die Struktur bzw. Kultur, die sich dabei entwickelt, ist jedoch emergent. Das bedeutet, dass zu Beginn nicht vorherzusehen ist, welche Form am Ende herauskommt.
Führung auf ganzer Linie
Bis diese Struktur oder die zugrundliegende Kultur funktioniert, ist es ein langer Weg, der keinesfalls unterschätzt werden sollte. Zusammengefasst stehen einem Unternehmen dabei drei große Schritte bevor. Jeder davon verlangt grundlegende Veränderungen: Die erste große Station ist die Fokussierung der Unternehmensorganisation auf den Kundenbedarf. Dabei wird die Produktion an die tatsächliche Nachfrage ausgerichtet. Findet dieser Schritt nicht statt, kann es nicht zum nächsten gehen. Nämlich der Einbindung des Auftraggebers in laufende Prozesse, wie beispielsweise die Produktentwicklung. Warum? Weil es den Vorteil hat, dass das Unternehmen schnelleres und direkteres Feedback bekommt. Erst danach kann es zum dritten großen Punkt übergehen: Jeder Mitarbeiter muss auf seiner Ebene Führung übernehmen und die Gesamtwertschöpfung im Auge behalten.
Agiles Denken kann also nicht nur in der Führungsebene verortet werden, sondern – wenn wir an die 12 Prinzipien denken – bei allen Mitarbeitern im Unternehmen. Werden die passenden Methoden gewählt, können die richtigen Lösungsansätze einfach angewendet werden. Agilität ist also nicht nur für Unternehmen ein großer Schritt nach vorne: Sie spielt auch für Mitarbeiter ein große Rolle, denn sie bietet ihnen persönlich neue Entwicklungschancen.
Das Prinzip des Agile Working lässt sich aber nicht nur auf Unternehmensstrukturen oder Mitarbeiter beziehen, sondern ebenfalls auf Working Spaces – denn auch Räume müssen agil sein. So einen Raum haben wir: das überwegs. Rufen Sie uns an!