X-change #4: Existenzielle Unternehmenskultur
–Am 19. April 2024Am Abend des 18. April ist der überwegs X-change in die nächste Runde gegangen. Das Thema diesmal: Existenzielle Unternehmenskultur.
Aufs Neue sind im überwegs verschiedene Referent*innen zusammengekommen, um Impulse zu einem gemeinsamen Thema zu geben. Jede*r von ihnen hatte zehn Minuten Zeit für einen Vortrag.
Dr. Christoph Kolbe: Existenzielle Unternehmenskultur – für ein Mehr an Menschsein in Unternehmen
Als Begründer der Existenziellen Unternehmenskultur hat uns Dr. Christoph Kolbe vom existenzraum sein Modell vorgestellt. Die Ausgangsüberlegung ist simpel: Der Mensch kann sein Leben und seine Welt gestalten. Somit fragt der Mensch sich etwa:
- Wie wollen wir leben?
- Was sollen wir tun?
- Was dürfen wir umsetzen?
Wir müssen uns mit diesen Fragen auseinandersetzen und eigene Haltungen finden, das ist klar. Wollen wir das aber auch in der Kultur eines Unternehmens? Oder wollen wir nur, dass Menschen maximal funktionieren?
Herr Kolbe meint, dass die Antwort auf diese Frage maßgeblich über die Unternehmenskultur entscheide. Sie habe weitreichende Wirkung auf den Umgang miteinander, die Ausstrahlung nach innen und außen sowie das Selbstverständnis aller Beteiligten.
Das alles seien die Ausgangsüberlegungen, die schließlich zur Kernthese der Existenziellen Unternehmenskultur führen:
Je mehr sich der Mensch im unternehmerischen Kontext einbringen kann, desto mehr Motivation, innere Zugehörigkeit, Fähigkeit zu konstruktiver Auseinandersetzung, Engagement und Effizienz werden entstehen.
Daraus lassen sich wiederum die wichtigsten Fokuspunkte der Existenziellen Unternehmenskultur herleiten:
- Ein Miteinander, in dem sich Begegnung ereignet
- Eine Offenheit für das, was den Beteiligten wichtig ist
- Ein Dialog, um gemeinsame Lösungen zu finden
Miteinander, Offenheit und Dialog sind die zentralen Werte der Existenziellen Unternehmenskultur. Diese Kultur stiftet Identifizierung, gibt den Beteiligten Raum, sich einbringen zu können, fördert ein respektvolles Miteinander und ein Zutrauen für die Übernahme von Verantwortung.
Christiane Groß: Coaching als Schlüssel zur eigenen Weiterentwicklung
Christiane Groß vom existenzraum hat in ihrem Vortrag aufgezeigt, weshalb es heute wichtig ist, dass sich Führungskräfte coachen lassen.
Gute Gründe fürs Coaching seien zunächst einmal die nachweislich sehr hohe Akzeptanz demgegenüber; fast alle befragten Personalverantwortlichen finden Coaching positiv bis sehr positiv. Dementsprechend stellen Unternehmen immer mehr Budget fürs Coaching bereit.
Beim Coaching gehe es darum, Bewusstseins- (Wahrnehmen, Fühlen, Erkennen, Stellungnehmen, Entscheiden), Reflexions- und Umsetzungsprozesse (Planen, Ausführen, Steuern) zu fördern. Es ist also eine Art der Persönlichkeitsentwicklung.
Frau Groß hat hervorgehoben, dass vor allem Führungskräfte regelmäßig vor Herausforderungen gestellt werden. Dazu gehört z. B.:
- unbeliebte Entscheidungen zu treffen und auszuhalten, dass sich Menschen abwenden
- die Last der Verantwortung zu tragen
- Orientierung zu geben, auch wenn man es selbst nicht weiß
Der große Vorteil beim existenziellen Coaching sei, dass es um die unvorhersehbare persönliche Weiterentwicklung geht. Zwischendrin sagte Frau Groß: „Wir können jederzeit ein*e ander*e werden.“
Das existenzielle Coaching zielt also darauf ab, Gestaltungsspielräume zu eröffnen, eigene Werte bewusst zu machen, authentische Positionen einzunehmen, in den Dialog zu bringen und die Handlungskompetenz zu erweitern. Somit ist es der Schlüssel zur eigenen Weiterentwicklung.
Holger Bauer: Unternehmenskulturentwicklung – wie man Kultur Struktur gibt
Holger Bauer vom existenzraum hat in seinem Vortrag veranschaulicht, wie die Schritte hin zur Existenziellen Unternehmenskultur konkret aussehen.
Grundsätzlich stelle der Markt Fragen, auf die wir als Unternehmen antworten müssen, und zwar in Form von Unternehmensentwicklung. Im Laufe der Zeit haben sich diese Fragen jedoch gewandelt und so auch die Art und Weise, wie sich Unternehmen weiterentwickeln mussten:
Anfang der 2010er Jahre lag der Fokus noch auf Produktivität und Effizienz – hier war ein Management von Funktion gefragt. In den nächsten Jahren lag der Fokus auf Strukturen und Führung – hier war ein Management von Komplexität gefragt. Heute – in der New Work-Ära – liegt der Fokus auf die Unternehmenskultur. Es ist also ein Management von Sinn gefragt.
Die Existenzielle Unternehmenskultur berücksichtigt genau die Herausforderungen der heutigen Zeit und bedient dementsprechend viele New Work-Praktiken. Der Nukleus der Existenziellen Unternehmenskultur besteht aus Motivation, Sinn, Entscheidung, Verantwortungsübernahme, Miteinander, Nachhaltigkeit, aber vor allem Auseinandersetzung.
Der sogenannte Kulturentwicklungsprozess besteht aus den folgenden sechs Schritten:
- Kulturdiagnostik: Fragebogenerhebung, Interviews. Ergebnis: Kulturbeschreibung
- Strukturcheck: Führung, Organisation, Prozesse. Ergebnis: Übersicht über strukturelle Hürden
- Transformationsplanung: Entscheidungen, Maßnahmenplanung. Ergebnis: Vision und Planung
- Prozessetablierung und -begleitung: Trainings (der Führungskräfte und der Mitarbeitenden), Teamcoaching, individuelles Coaching, Retrospektiven aufs Miteinander und auf das, was wirklich ist (fürs Geschäft)
- Kickoff/Start der Reise
- Retrospektiven auf den Prozess
In diesem Prozess werden die vier existenziellen Kernkompetenzen herausgebildet, die lern- und entwickelbar sind und die Basis für unternehmerisches und persönliches Wachstum: Motivation, Zustimmung, Wahrnehmung und Dialog.
Miriam Kraus: Warum das „S“ in ESG einen großen Einfluss auf Unternehmenskultur hat
Miriam Kraus von B&B. hat mit ihrem Vortrag klargemacht, welche Bedeutung soziale Nachhaltigkeit für die Unternehmenskultur hat.
Neben der Covid-19-Krise, Klimakrise, Digitalisierung und dem soziodemografischen Wandel reiht sich die Biodiversitätskrise in eine „Krisenflut“ ein. Der Rückgang der Biodiversität koste einen Verlust von bis zu 30 Billionen US-Dollar pro Jahr. Auf Unternehmen, die sich daher noch immer nicht an ESG richten, übt zusätzlich die Regulatorik Druck aus, s. etwa CSRD, GRI oder DNK.
Die alten Werte zählen also nicht mehr. Wenn wir nichts ändern, kommen wir nicht weiter. Das Problem: Mitarbeitende reagieren oft nicht gut auf Veränderungen und sehen diese eher als Belastung. Langfristige, wertschöpfende Veränderung gelinge aber nun mal nur gemeinsam.
Die Lösung? Hier kommt das „S“ (Social) von ESG ins Spiel. Darunter fallen: Chancengerechtigkeit, Gesundheit, Diversität/Integration, Aus- und Weiterbildung, Beteiligung, Management, Schutz/Fürsorge uvm. Es wirkt sich also vor allem auf die Fähigkeiten, das Verhalten und die Kultur eines Unternehmens aus.
Demnach brauchen wir „Change Agents“, die offen sind für neue Wege und die Belegschaft an die Hand nehmen. Sie sollten emotional kommunizieren, Partizipation und Begegnung fördern und Visionen entwickeln. Dabei sollten sie den Fokus auf die Chancen legen, weniger auf den Verzicht oder den Verlust von Dingen.
Letzten Endes ist Nachhaltigkeit nämlich eine Wir-Angelegenheit. Wir sollten uns nicht fragen: „Was kann ich tun?“ Viel eher lautet die Frage: „Was können wir in der Gruppe tun?“ Das große Ganze schaffen wir schließlich nur gemeinsam.
Zum Schluss gab es eine Fragerunde mit allen Speaker*innen, bevor es ans Networking ging. Durch den Abend geführt hat Moderator Uwe Berger.
Wir haben uns über die zahlreichen und interessierten Besucher*innen gefreut. Vielen Dank an alle Speaker*innen und Moderation, Gäste und helfenden Hände für einen sehr gelungenen Abend! Wir freuen uns schon auf den nächsten überwegs X-change.
Achtung: Passend zu den Inhalten beim überwegs X-change findet am Donnerstag, den 19. September 2024 ein Tagesseminar vom existenzraum bei uns im überwegs statt: „Mit Sinn führen – Tagesseminar zur Steigerung der Motivationskompetenz“
Die Inhalte auf einen Blick:
- Erhalten Sie einen Überblick über die Voraussetzungen und Bedingungen, wie Motivation entsteht.
- Lernen Sie den existenziellen Sinnbegriff kennen und worauf es beim Sinnstiften ankommt.
- Erfahren Sie den Zusammenhang zwischen Werten und Sinnerleben.
- Lernen Sie, zwischen Werten und Bedürfnissen zu unterscheiden.
- Lernen Sie, wie Sie im Gespräch Sinn stiften können.
- Erhalten Sie eine Toolbox an Instrumenten, die Sie in Ihrem Arbeitsumfeld anwenden können.
Die Teilnehmer*innenzahl ist stark begrenzt und liegt bei 20 Stück. Melden Sie sich jetzt an, um dabei zu sein.